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Le Bon Film

 
Filmbild
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Blutsauger


Donnerstag 17.02.2022 19:30  

Deutschland 2021

127 Min. Farbe. DCP. D/E/Russ./d

 

Regie: Julian Radlmaier

Buch: Julian Radlmaier

Kamera: Markus Koob

Schnitt: Julian Radlmaier

Musik: Franui

Mit: Alexandre Koberidze, Lilith Stangenberg, Alexander Herbst, Corinna Harfouch

Vampirfilm? Horrorszenario? Schauermärchen? Besser! Julian Radlmaier sieht nicht komplett rot, sondern nimmt in seinem Film die Marx’sche Metapher vom Kapitalisten als Blutsauger vielmehr spielerisch ins Visier – und trifft damit direkt ins Schwarze. Einfallsreich, klar gekünstelt und politisch hellwach erzählt er die Geschichte eines aus der Sowjetunion stammenden Schauspielers, der sich als Baron ausgibt und auf diese Weise im Sommer 1928 nach Amerika überzusiedeln versucht. Allerdings trifft er bei einem Zwischenstopp an der Ostsee ausgerechnet auf die reiche, gerne modern denkende Jungkapitalistin Octavia, die den Flüchtling kurzerhand unter ihre Fittiche nimmt und bald auch an seiner Halsschlagader hängt. 

Bereits in Selbstkritik eines bürgerlichen Hundes übte sich der DFFB-Absolvent Radlmaier erfolgreich in humorvoller Schelte am System. Mit Blutsauger ist dem jungen Regisseur erneut ein herrlich verrücktes, kluges, eigenwillig zwischen den Zeiten, Formen und Stühlen changierendes Werk gelungen, in dem Genoss:innen in den Dünen aus ‹Das Kapital› referieren, Hausdiener heimlich zu Literaten werden und die Oberschicht ihren Durst nach mehr weiterhin unbefangen an den Untertanen stillt. So viel Spass (zumal im deutschen Film) macht politisches Kino viel zu selten.»

Pamela Jahn

 

«Und irgendwann merkt man es: Es ist der süsse Duft von Freiheit und Anarchie, von Ausgelassenheit und Spieltrieb, von Wut gegen die bestehenden Verhältnisse und Verkrustungen und der gleichzeitigen Einsicht, wie schwer sich etwas gegen diesen Status quo ausrichten lässt. Wir sind Vampire – allesamt. Und vielleicht liegt letzten Endes das Geheimnis darin, dass man den Einen oder die Andere findet, von der oder dem man sich das Blut gerne aussaugen lässt. Denn dass genau das geschieht, daran besteht kein Zweifel.»

Joachim Kurz, kino-zeit.de

 

 

Julian Radlmaier, geboren 1984 in Nürnberg, ist ein deutsch-französischer Filmemacher. Er studierte Filmwissenschaft und Kunstgeschichte in Berlin und Paris und anschliessend Regie an der Deutschen Film- und Fernsehakademie (DFFB). Nach zwei mittellangen Filmen folgte sein Abschlussfilm Selbstkritik eines bürgerlichen Hundes, der auch sein Langfilmdebüt ist und in dem er die Hauptrolle spielt. Der Film wurde mehrfach ausgezeichnet und lief weltweit erfolgreich auf Festivals. Das Drehbuch zu seinem Spielfilm Blutsauger wurde mit dem Deutschen Drehbuchpreis (Goldene Lola) ausgezeichnet, bevor er 2021 in der Sektion «Encounters» der Berlinale Premiere feierte und auch während dem 10. Bildrausch – Filmfest Basel das Publikum begeistern konnte.