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ARCHIV | Le Bon Film

 
Filmbild
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Martin Eden


Italien/Deutschland/Frankreich 2019

129 Min. Farbe. DCP. I/d/f

 

Regie: Pietro Marcello

Buch: Pietro Marcello, Maurizio Braucchi, nach Jack London

Kamera: Alessandro Abate, Francesco Di Giacomo

Schnitt: Fabrizio Federico, Aline Herv

Musik: Marco Messin, Sacha Ricci

Mit: Luca Marinelli, Jessica Cressy, Vincenzo Nemolato, Matco Leonardi

«Martin Eden arbeitet als Matrose. Wenn er an Land ist, lebt er in Neapel bei seiner Schwester, in ärmlichen Verhältnissen; wenn er Zeit hat, schreibt er Geschichten. Die Zufallsbekanntschaft mit Arturo Orsini, den er an den Docks davor bewahrt, zusammengeschlagen zu werden, eröffnet Martin eine neue Welt. Er wird in das grossbürgerliche Haus der Orsinis eingeladen, und es gelingt ihm, Eindruck zu machen – vor allem bei Elena, Arturos Schwester. Martin verliebt sich, und Elena scheint seine offensive Körperlichkeit, seinen ruppigen Charme anziehend zu finden. Einer engeren Bindung aber steht genau das im Weg: Es fehle ihm an Erziehung, sagt Elena unverblümt. Martin verstärkt seine literarischen Anstrengungen und verordnet sich ein rigides Bildungsprogramm – von Baudelaire bis zu den philosophisch-soziologischen Schriften von Herbert Spencer, der das Wort vom survival of the fittest geprägt hat. Martin ist entschlossen, dazuzugehören – als Schriftsteller Erfolg zu haben, Elena zu heiraten und in der Sphäre der Orsinis akzeptiert zu werden.»

Jury der Evangelischen Filmarbeit, epd film

 

«Durch seine Erfolgsromane Wolfsblut, Ruf der Wildnis und Der Seewolf war der aus ärmlichen Verhältnissen stammende Jack London Anfang des 20. Jahrhunderts binnen weniger Jahre zu einem der berühmtesten Autoren der Welt geworden. Plötzlich standen ihm alle Türen offen, fand er sich als Teil der amerikanischen High-Society wieder, hatte Zugang zu einer Welt, die er im Herzen verachtete. Seine Erfahrungen in dieser Welt, die er als scheinheilig und verlogen wahr- nahm, verarbeitete London im 1910 erschienenen autobiografischen Roman Martin Eden, der inzwischen als sein bedeutendstes Werk gilt. In seiner Adaption hält sich der italienische Regisseur Pietro Marcello nun einerseits penibel an die Vorlage, erweitert sie durch einen bril lanten Kunstgriff aber zu einem schonungslosen Blick auf das gesamte 20. Jahrhundert und viel leicht auch unsere Gegenwart. Von den ersten Bildern an durchzieht eine seltsame Zeitlosigkeit das Geschehen, fällt es schwer, die Bilder einer bestimmten Ära zuzuordnen. Unweigerlich sucht man nach Zeichen, nach Kleidung, nach Ausstattungsmerkmalen, die den Film eindeutig dieser oder jener Ära zuordnen würden. Doch vergebens, denn sobald ein alter Fernsehapparat etwa auf die 50er Jahre schliessen lässt, deuten markante Hüte unweigerlich auf die 10er Jahre; sobald ein Name wie Mattei fällt, denkt man an das Italien der 60er, bevor später unzweideutig die Schwarzhemden des italienischen Faschismus auftauchen, man sich also eigentlich vor dem Zweiten Weltkrieg befinden muss.»

Michael Meyns, programmkino.de

 

«Die Präsenz von Luca Marinelli schultert das Gewicht dieser Figur mühelos, die vom pathetischem Enthusiasmus bis in den Selbsthass fällt. In seiner Körperlichkeit, seiner Leidenschaft und seiner Melancholie ist er der unverzichtbare Ankerpunkt eines Films, der den wütenden Fatalismus über eine Vielzahl thematischer Ebenen streut, ohne sie je miteinander zu verbinden. Altruismus und Eigennutz, Kollektivismus und Individualismus, Land und Stadt, Kunst und Politik stehen nicht nur als unvereinbare Gegensätze nebeneinander, sondern werden in einer ästhetischen Zeitlosigkeit eingefroren.»

Karsten Munt, Filmdienst.de