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ARCHIV | Neuer Deutscher Film

 
Filmbild
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Supermarkt


Deutschland 1970

84 Min. Farbe. DCP. D

 

Regie: Roland Klick

Buch: Roland Klick

Kamera: Jost Vacano

Schnitt: Jane Sperr

Musik: Peter Hesslein

Mit: Charly Wierzejewski, Eva Mattes, Michael Degen, Walter Kohut, Hans-Michael Rehberg

«Hamburg im Hier und Jetzt des Jahres 1973: Nichts hat Bestand im unsteten Leben des 18-jährigen Willi. Der Junge treibt sich auf den Strassen von St. Pauli und im Hafenviertel herum, schlägt sich mit Gaunereien und Schnorren durch. Das Jugendamt und die Polizei sind dem ausgerissenen Pflegekind mit Amtsvorstand auf den Fersen. Dauernd muss Willi fliehen, denn er will nicht ins Heim. Dubiose Bekannte wie der kleinkriminelle Obdachlose Theo, der den Kontakt zu einem wohlhabenden Freier vermittelt, provozieren weitere Probleme. Wenigstens bemüht sich der gutmütige Journalist Frank um Willis Resozialisierung, doch der Schützling trägt – wenn überhaupt – nur mürrisch zur Besserung seiner Situation bei. Allein die Prostituierte Monika berührt ihn, immerhin steckt sie in einer ähnlich schwierigen Situation wie er selbst. Um mit ihr und ihrem Kind durchzubrennen, macht Willi bei einem Raubüberfall auf einen Supermarkt mit.»    

kinofenster.de

 

«Klick hat einen Genrefilm fürs grosse Publikum gedreht, ohne dass die präzise Milieuschilderung darunter leiden würde. Er fühlt sich dort am wohlsten, wo Stricher und Verbrecher hausen, saugt den Dreck der Strasse, den rauen Umgangston und das bisschen Zärtlichkeit, das sich dahinter verbirgt, wie ein Schwamm auf. Die Unterwelt wird hier weder romantisiert noch skandalträchtig in Szene gesetzt. Brutal geht es hier nur auf den ersten Blick zu, denn hinter den glatten Fassaden von Verlagshäusern und Boutiquen sind die Menschen auch nicht netter zueinander. Sie haben nur mehr Geld.»   

Michael Kienzl, critic.de, 21.11.2013

 


 

Special: Von Supermarkt (Roland Klick) zu Satanstango (Béla Tarr) - Ein Abend mit Joachim von Vietinghoff, Fotograf, Produzent, Visionär

MO 08.11.21 18:15

Inklusive Filmvorfühung von Supermarkt vor dem Gespräch

 

Willi hat was im Supermarkt mitgehen lassen. Seitdem rennt er. Vor der Polizei, vor den Erziehungsanstalten, vor den ökonomischen Verwertungssystemen des anständigen Lebens. Mit einem anderen ‹Verdächtigen› haut er von der Polizeiwache ab, kapert ein Auto, rammt einen Streifenwagen. Und rennt wieder. Die Kamera mit ihm. Mehr gibt es nicht zu zeigen als die Wahrhaftigkeit purer Bewegung. Supermarkt von Roland Klick verdichtet sich zu einer ungeheuer physischen Gegenthese zur alles erklärenden Sozialpädagogik der deutschen Filmlandschaft der 70er-­Jahre. Ein Art Hamburger À bout de souffle (1960), schnell, präzise, roh und kunstvoll zugleich. Nicht nur im deutschen Kino­Olymp gebührt allen Beteiligten dafür ein fester Platz. Auch dem damaligen Produktionsleiter Joachim von Vietinghoff, der im Basler Stadtkino zu Gast ist. Die Fotografie hat er als Handwerk gelernt. Und ihren Stillstand immer bedauert. Von Vietinghoff wollte über die Ränder in die Bewegung hinaus, irgendwann einmal selbst hinter der Filmkamera stehen. Das physische Kino des Roland Klick hat es ihm angetan, später die schwebende Schönheit der Béla­Tarr­Tableaus. Kameramann ist er nicht mehr geworden. Visionär ist er geblieben. Sein hellsichtiges Gespür für kompromissloses Kino hat ihn gleich viermal in den Wettbewerb von Cannes katapultiert. Im Gespräch mit der freien Autorin Birgit Glombitza folgen wir Vietinghoff quer durch das deutsche Autor:innen­Kino der 70er bis heute.